Der AXE Effekt

Alcohol

„Starker Auftritt, Schmidt! Dafür bekommst du meine volle Anerkennung“, erzählt mir meine Mitbewohnerin. Ich weiss soviel Lob total zu schätzen, aber würde mich gern daran erinnern, womit ich ihn verdient habe.

Eigentlich wollte ich nicht weg gehen, aber nach einem halben Liter Wodka bin ich erfahrungsgemäß, schon mal offen für die ein oder andere Planänderung. Ich bin dann also doch ausgegangen, und das ich mich nur dunkel bis gar nicht an den gestrigen Abend erinnere, ist sicherlich reiner Selbstschutz. Begonnen hat wohl alles beim Karaoke. Nicht schön, sondern vor allem laut zu singen ist eine große Leidenschaft von mir. Das ist mir nicht peinlich. Das billige Anbaggern des Sängers dieser sympathischen Karaoke-Band allerdings schon. Nun gut, wieder ein Ort weniger, an dem ich mich in nächster Zeit blicken lassen möchte, aber Berlin bietet ja zum Glück noch zwei, drei Ausweichmöglichkeiten.

Nachdem ich dann mit meinem Walgesang fertig war, hatte ich die schöne Idee, noch kurz im Kater vorbeischauen zu wollen. Weil’s ja ‚gar nicht so weit ist‘, wollte ich auch unbedingt laufen. An der Schillingbrücke verkündete ich dann, zur allgemeinen Überraschung, dass wir jetzt ‚da‘ waren. Wo wir wären, wollte man von mir wissen. „Na, am Kater!“, klärte ich die Unwissenden auf. „Tatsächlich? Wo ist er denn?“. DAS hat mich dann doch auch zutiefst irritiert. Der Kater war weg! Völlig verrückt! Ein ganzer Club, wie vom Erdboden verschluckt. … Gegen die Einwände, dass wir hier falsch sind, war ich absolut resistent. Ich lief die Brücke auf und ab und rekonstruierte, einleuchtend wie genial:“Hier läuft die Spree und dann muss dort der Kater sein!“ Wie oft sollte ich das denn bitte noch erklären?!? Das der jetzt weg war, ist zwar total krass, aber doch wirklich nicht meine Schuld! Das er nicht hier ist, kommt für mich genau so überraschend wie für alle anderen auch.

Die Möglichkeit, dass der Kater einfach weg ist, machte für mich sehr viel mehr Sinn, als die Möglichkeit, dass der Club einfach eine Strasse weiter ist. … das sind solche Momente, in denen ich vom meiner Genialität selbst begeistert bin! Begeistert bin ich auch von der Engelsgeduld meiner Freunde in den Momenten, in denen ich mich benehme, als wäre ich auf’nem schlechten Keta-Trip. Ich wäre mit mir ja sehr viel weniger geduldig, und hätte mich vermutlich völlig genervt von der Schillingbrücke geschubst.

Laut Erzählungen muss ich dann wohl ziemlich unvorhergesehen in ein Taxi gesprungen sein. An dieser Stelle möchte ich mich auch in aller Form bei allen Fahrern entschuldigen, die gestern Abend zwischen 22 und 23 Uhr von einer jungen Frau mit dunklen Haaren geprellt wurde. In der Regel gehöre ich zu den zahlenden Fahrgästen. Das ich meine Begleitung allerdings am Strassenrand vergessen hatte, ist mir leider auch erst vor dem Kater aufgefallen. Alleine wollte ich jedoch auch nicht feiern gehen, weshalb ich dann den Heimweg antrat. Das war in meinem Zustand alles andere als leicht für mich, daran erinnere ich mich wohl! Mein Orientierungssinn ist schon nüchtern und bei Tageslicht eine absolute Katastrophe, und es war dunkel und kalt, und ich war voll wie 10 russische Seefahrer. Irgendwo um den Mariannenplatz herum habe ich deshalb die Hoffnung aufgegeben jemals wieder nach Hause zu finden. Ich war völlig überfordert und freundete mich mit dem Gedanke an, dass ich jetzt den Kältetod erleiden würde. Zählt ‚betrunken in der Kälte zu erfrieren‘ in Berlin eigentlich zu den natürlichen Todesursachen? Wie man meine Hinterbliebenen von meinem Schicksal in Kenntnis setzte war mir schon wichtig.

Irgendwie hab’ich’s dann aber doch nach Hause geschafft – ganz ohne das mir Gliedmaßen oder Extremitäten abgefroren sind. „Und, was machen wir heute Verrücktes?“ will meine Mitbewohnerin wissen. „Ich würd’gerne ich den Kater. Nur mal kurz gucken, ob er noch da is‘. „

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